Archiv der Kategorie: Weltkontrollverlust
Das Regime der demokratischen Wahrheit (Teil II) – Die Deregulierung des Wahrheitsmarktes
Im ersten Teil dieser Reihe haben wir uns mit den spezifischen Lügen der Trump-Regierung beschäftigt und sie gegen die herkömmliche politische Lüge einerseits und die machtvolle, diktierte Wahrheit in autokratischen Systemen andererseits abgegrenzt. Und wir haben uns entschlossen, die spezifische Weise des Lügens der Trump-Regierung “demokratische Wahrheit” zu nennen. Es wird Zeit, diesen Begriff etwas genauer zu fassen. “Demokratie” war schon immer ein umstrittener Begriff – ein politischer Kampfbegriff – aber dabei immer positiv konnotiert. Jeder will Demokrat sein. Selbst die autoritärsten Systeme nannten sich mit Freude Demokratie. In seiner banalsten Deutung übersetzt man Demokratie schlicht mit Volksherrschaft und insofern man als Herrscher plausibel machen kann, dass das Volk schon auf der eigenen Seite ist, fällt es nicht schwer die Grenze zwischen Autokratie und Demokratie zu verwischen. Wir verwenden also den Begriff in „demokratische Wahrheit“ nicht ohne einen augenzwinkernden Verweis auf diese Begriffsgeschichte. Aber wesentlicher noch ist, dass Trumps Wahrheitsverständnis tatsächlich die Funktionsweise von Demokratie zugrunde zu liegen scheint. Als Donald Trump von Bill O’Reilly auf Fox News gefragt wurde, warum er – ohne irgendwelche Hinweise darauf zu haben – an der These festhalte, dass es zu Wahlbetrug zugunsten Hillary Clintons gekommen sei, weist er darauf hin, dass es doch … Weiterlesen
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Netzwerkmacht: Macht in Zeiten der Globalisierung
In meinem recht populären Artikel „Die Globale Klasse“ attestiere ich ebendieser eine bestimmte Form von Macht. Es ist die Macht, Standards zu setzen und die Macht, die Moral zu definieren. An dieser Analyse haben sich einige gestoßen. Gerade, weil ich die globale Klasse so breit definiere – eben nicht einfach als „die Eliten“ – scheint die Macht, die sie haben, doch recht beschränkt. Mittellose Berlinhipster wie ich – so der Vorwurf – würden sich in dieser Analyse nur selbst überhöhen. Was für eine Macht soll das überhaupt sein? Und warum sind andere davon ausgeschlossen? Das sind alles berechtigte Fragen, denen ich mich in diesem Text stellen will. Macht ist ein komplexes Thema zu dem sehr viel kluge Dinge gesagt wurden, die ich hier nicht wiederholen will. Aber zur Sicherheit sei erwähnt, dass ich durchaus mit Max Weber, Foucault und Gramsci vertraut bin, behaupte aber, dass all diese Stimmen der Form der Macht der globalen Klasse nicht gerecht werden. Aber David Singh Grewal wird es.1 Er hat meines Erachtens die theoretische Grundlage zur Erklärung von Macht in Zeiten der Globalisierung und des Internets geliefert und es ist ein Unding, dass er noch nicht in allen Seminaren auf dem Lehrplan steht. Network … Weiterlesen
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The Global Class – Another World is Possible, but this time, it’s a threat
[German Version] The Western world is bubbling with a kind of newfound excitement. From all reaches of the globe, cutting-edge “right-wing” movements spring forth and gain momentum. Trump, the Alternative for Germany (“AfD”), the Freedom Party of Austria (“FPÖ”), Marine Le Pen, Brexit… the list goes on, filled with people and organizations giving certain groups of citizens a voice that previously only buzzed quietly just beneath our subconscious. A voice of hatred, of displeasure, of indignation. And all the rest of us can do is sit back and wonder where all this scarcely contained umbrage could have originated from… and where it’s been hiding. It may be no coincidence that the left believes to have found it’s spooky doppelganger. They see “losers” of globalization, who have been left behind by the capitalist system, and have just re-discovered their political voice. Only, in the midst of their perceived „false consciousness,“ they’ve yet to realize that their true enemy is the capitalist. The figures don’t show this. It’s true—the army of the frustrated is a large group of low-income and poorly educated service workers. But there is also a second group, almost as large as the first, made up of the bourgeoisie, … Weiterlesen
Die Gewalt der Plattform und der Preis des Postkapitalismus
Sascha Lobo hat vor einiger Zeit das Wort des Plattformkapitalismus geprägt. 1 Ich war damals sehr dankbar dafür, weil ich der Meinung war, dass es die Diskussion um die sogenannte „Sharing Economy“ wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Plattformen sind kapitalistische, wenn nicht sogar hyperkapitalistische Firmen, so war ich damals der Meinung, die auch in meinem Buch Ausdruck findet.2 Seit ich Paul Masons Buch Postkapitalismus gelesen habe 3, bin ich mir da aber nicht mehr so sicher. Nicht, dass ich Mason in allem zustimmen möchte, aber ich glaube, er hat einen Punkt, der nicht ganz wegzudiskutieren ist. Ich will mich hier vom Reflex befreien „Da fließt Geld, also ist das Kapitalistisch“ zu rufen und mich stattdessen in eine tiefere Analyse der Ökonomie der Plattform begeben, um noch mal grundsätzlicher nach dem postkapitalistischen Moment in der Plattformökonomie zu suchen. Vorsichtshalber sage ich es vorweg: das Aufspüren eines postkapitalistischen Moments ist nicht die Behauptung, dass heutige Plattformanbieter bereits jenseits des Kapitalismus operieren oder keine kapitalistischen Unternehmen seien. Es bedeute vielmehr, dass sie grundlegende Mechaniken ins Werk setzen, die nicht mehr kapitalistisch sind, die vielleicht sogar dem Kapitalismus als System und Funktionsweise gegenüberstehen. Und im weitestest aus dem Fenster gelehnten Fall: dass … Weiterlesen
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Steuerungsverlust
Ich war gerade eine knappe Woche paddeln. Wir fuhren mit einem Kanadier Kanu namens „Kirschkuchen“ auf der mecklenburgischen Seenplatte herum und ich war dabei meist der Steuermann – also derjenige, der hinten paddelt. Es war nicht das erste Mal, dass mir beim Paddeln diese Aufgabe zuteil wurde, aber sie eine so lange Zeit auszuführen, ermöglichte mir, meine Steuerkompetenzen auszubauen und sie gleichzeitig zu reflektieren. Denn natürlich passiert dabei immer mal wieder ein Kontrollverlust, oder sagen wir besser „ein Steuerungsverlust“. Kontrolle und Steuerung sind im englischen ein Wort (control) und tatsächlich spricht wenig dagegen, Kontrolle und Steuerung synonym zu verwenden. Deswegen will meine gewonnenen Erfahrungen nutzen, um ein wenig über den Steuerungsverlust nachzudenken. Zunächst einmal ist „steuern“ eine Tätigkeit, von der wir eine ziemlich verzerrte Vorstellung haben. Wir sind gewohnt, dass Steuerung direkt passiert, so wir es beim Auto- oder Fahrradfahren gewohnt sind. Man lenkt etwas nach links, das Fahrzeug bewegt sich entsprechend, man lenkt nach rechts, etc. Das ist aber keinesfalls die Standardsituation des Steuerns, vielmehr überlagert die überlegene Steuerbarkeit unserer Alltagsfahrzeuge genau das, worauf es beim Steuern überhaupt ankommt. Beim Paddeln hat man noch ein sehr elementares Steuererlebnis. Jeder Paddelschlag hat eine steuernde Wirkung. Abhängig davon, ob ich ihn … Weiterlesen
Vortrag: Netzinnenpolitik – Grundzüge einer Politik der Plattformgesellschaft
Mein re:publica-Vortrag von diesem Jahr spinnt die These der Plattformgesellschaft weiter und definiert die Plattform als leviatnistischen Akteur, dem immer mehr die Aufgabe zuteil wird, den Netzinnenraum zu befrieden.
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Plattform vs. Staat – Es wird interessant
Jeder staatliche Regulierungsanspruch, der an Plattformen herangetragen wird, wird dort letzten Endes in zentralistischer Kontrolle umgesetzt und stärkt so die politische Machtstellung der Plattformbetreiber. Auf der anderen Seite sind Plattformen geradezu gezwungen, das Recht des einen Staates gegen das Recht des anderen durchzusetzen. Der zweite Treiber des Kontrollverlusts dekonstruiert gerade durch die Kooperation der Plattformen mit den Staaten ihre eigene Grundlage: die durch Grenzen definierten Jurisdiktionen. Das schrieb ich vorletztes Jahr in „Das Neue Spiel„. Wir sehen seit geraumer Zeit die sich aus diesem Zusammenhang ergebenden Konflikte fast täglich in den News. Sei es Facebook vs. EU-Datenschutz, sei es das Recht auf Vergessenwerden vs. Google, sei es der Kampf Apples für Verschlüsserlung gegen die US-Politik oder die vielen regionalen Konflikte, in denen sich Uber befindet. Überall knallen Regulierungsbestrebungen von Staaten mit den international ausgelegten Strukturen von Plattformen aneinander. (Siehe dazu ausführlicher meinen Beitrag auf Online Open) Nun ist ein Gerichtsurteil erfolgt, das uns grundsätzlicher aufhorchen lassen sollte. In Frankreich entschied ein Gericht, dass Facebooks Löschung von – aus seiner Sicht unangebrachter Nacktheit – nach französischem Recht ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Meinungsfreiheit ist. So weit, so gut. Hier freuen sich die Netzpolitikaktivist/innen, die bis zum Ende ihrer Nasenspitzen … Weiterlesen
Warum wir eine Netzinnenpolitik brauchen
Gestern saß ich bei der Friedrich-Ebert-Stiftung auf einem Panel über Hate Speech und was wir dagegen unternehmen können. Ich hatte mir einige Vorschläge und Argumentationen zurechtgelegt, dabei aber nicht so recht bedacht, dass meine Mitdiskutant/innen ja vor allem SPD-Politiker/innen sein werden. Dass also erst einmal die Grundbegriffe geklärt werden müssen und worüber wir überhaupt reden. Ich habe dennoch meine Forderung nach einer Netzinnenpolitik anbringen können. Was meine ich damit? Die deutsche Netzszene hat sich formiert als zivilgesellschaftliche Verteidigung der Netzfreiheit gegenüber den Regulierungsbestrebungen der Politik. Überspitzt kann man formulieren, dass Netzpolitik die Selbstverteidiung des Netzes gegenüber seinen äußeren Feinden ist. Das war und ist eine wichtiger Kampf und er muss auch weiterhin gefochten werden. Doch wir haben nicht mehr 2009 und dieser Kampf wird zunehmend überschattet von internen Effekten und Phänomenen eines in der Zwischenzeit enorm gewachsenen Netzes. Das Netz ist jetzt überall und kennt kein richtiges Außen mehr (gut, bis auf SPD-Politiker/innen …) und immer größere und wichtigere Kämpfe finden bereits intern statt. Dort geht es aber nicht mehr um SPD gegen CDU (haha!), sondern zum Beispiel um die Maskulinistische/Antifeministische Szene gegen Feminist/innen. Um Mißverständnisse von Nichtkennern zu vermeiden: dieser Kampf geht weit über die alltäglichen Twitterscharmützel hinaus, sondern … Weiterlesen
Die Impfgegner und die Krise der Institutionen
Vier Jahre ist das jetzt her, dass Gunter Dueck auf der re:publica 2011 seinen viel gefeierten Talk „Das Internet als Gesellschaftsbetriebssystem“ hielt. Höhepunkt seines Vortrags („So jetzt kommt das schwere Geschütz“) war die Frage: „Glauben Sie nicht, dass wenn jemand eine Krankheit hat, dass er dann nach 2 Stunden surfen 10 mal mehr weiß, als sein Arzt?“ Ich aber saß in meinem Sitz und ich konnte mich der schlichten wie unaufdringlichen Logik dieser Frage nicht entziehen. Wir kennen das alle: 10 Ärzt/innen 12 Diagnosen. Jeder kennt Fälle, in dem eine Patient/in tatsächlich die Diagnose richtiger einschätzte als der/die Arzt/in. Und hier nun stand Gunter Dueck und gab eine einfache Erklärung. Das Internet enthält doch bereits alles Wissen. Wer genügend Motivation mitbringt, (und die fehlt Betroffenen selten), kann sich (zumindest in vielen Fällen) selbst besser diagnostizieren, als ein Allgemeinarzt, der im Zweifelsfall vor vielen Jahren mal irgendwo eine Vorlesung zum Thema wieder vergessen hat. Ich sehe Duecks Argument heute nicht widerlegt, aber es wird immer offenbarer, dass es mehr braucht, als nur Internet und Motivation. Etwas, was Dueck und auch ich damals implizit vorausgesetzt gesetzt haben: das Vorhandensein von kritischem Denken, eine gewisse wissenschaftsmethodische Bildung. Damit meine ich die Fähigkeit, kritisch … Weiterlesen
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Die neuen Cryptowars und die Plattformdämmerung
Derzeit scheinen wir gerade wieder in einen neuen Cryptowar hineinzuschlittern. Als Cryptowar wurde der Versuch der Regierungen, insbesondere der US-Regierung in den 90er Jahren bezeichnet, wirksame PublicKey-Verschlüsselungs-Software an ihrer Verbreitung zu hindern. Hacker und Aktivisten gingen damals so weit, auf Papier ausgedruckten und aus den USA importierten Quellcode händisch abzutippen. Die Regierung musste damals, vor allem auch aufgrund des Drucks aus der Wirtschaft, einlenken. Heute scheint es einen erneuten Vorstoß zu geben. Erst kam der britische Premier Cameron aus der Deckung, dann Obama und nun hat auch unser Innenminister de Maizière erste Andeutungen gemacht. Die Behörden sollen im Notfall auf jede Kommunikation zugreifen können. Die Gunst der Stunde nach den Anschlägen in Paris muss schließlich genutzt werden. Lässt man die Propaganda (und zwar von beiden Seiten …) mal beiseite und richtet lieber einen zweiten Blick auf das Timing und vor allem den Wortlaut der Formulierungen, kommt man nicht umhin, von den drei riesigen Elefanten Notiz zu nehmen, die da übergroß im Raum stehen. Ihre Namen sind iMessage, Hangout und WhatsApp und die Politiker geben sich auch nur wenig Mühe diese Adressaten zu verschleiern. Egal, was unsere snobistische Hackerauskenner erzählen („das kann ich nicht ernst nehmen, das ist nicht Open Source … Weiterlesen
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