Vor knapp einem Jahr lud mich Bernhard Pörksen ein, an der Uni Tübingen einen Vortrag über den Kontrollverlust zu halten, was ich gerne annahm. Wir blieben seitdem über das Thema in Kontakt, denn Pörksen schrieb zu dieser Zeit zusammen mit seiner Mitarbeiterin Hanne Detel ein Buch über Skandale im Internetzeitalter. Während der Entstehungsphase gab es weiteren Austausch und Zusammenarbeit; so habe ich eine frühe Alphaversion des Buches lesen und kommentieren dürfen. Ich bin also befangen, was die Autoren und das Buch angeht, finde aber den Beitrag zu wichtig, als ich dass ich ihn unrezensiert lassen könnte.
In gewissem Sinne ist „Der entfesselte Skandal – Das Ende der Kontrolle im digitalen Zeitalter“ nun das Kontrollverlustbuch. Jedenfalls ist es das erste Buch, das die Kontrollverlustthese in Buchform in die Debatte wirft. In einem anderen Sinn ist es das aber auch wieder nicht, denn einerseits haben Pörksen und Detel ihren Kontrollverlustbegriff anders definiert, als ich es tat (dazu gleich mehr), andererseits ist das Thema, mit dem sich das Buch auseinandersetzt – der Skandal – nur ein Ausschnitt dessen, was ich alles unter dem Begriff Kontrollverlust subsumiere.
Aber genau diese Konzentration auf ein Kernthema tut dem Buch gut. Pörksen und Detel legen eine extrem lesbare Sammlung von einzelnen Fallstudien vor. Allesamt sind sie Beispiele des Kontrollverlusts auf die eine oder andere Weise, alle werden sehr detailliert beschrieben, sind sehr gut recherchiert, und erst am Schluss jeder Geschichte werden sie in den medientheoretischen Kontext gesetzt. Obwohl die Geschichten schon für sich sprechen, schaffen es die beiden Autoren durch die theoretische Anreicherung, den Blick auf das Phänomen des Kontrollverlusts auf neue Weise freizulegen.