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Vier Jahre nach Snowden – Wird die EU-Datenschutzgrundverordnung uns vor der Überwachung retten?

/***** Die Bundeszentrale für politische Bildung hat die Onlineverbreitungsrechte für den Film „Im Rausch der Daten“ gekauft und zeigt ihn ab jetzt kostenfrei auf ihrem Portal. Im Zuge dessen haben sie von verschiedenen Autor/innen Beiträge zum Thema eingeholt, unter anderem von mir. Mein Beitrag wurde allerdings stark gekürzt, weswegen ich an dieser Stelle noch mal die Langfassung bringe. ******/ Es gibt diesen Witz. Ein Mann kriecht mitten in der Nacht unter einer Laterne herum. Ein Passant bleibt stehen und fragt den Mann, was er dort tue. „Ich habe meine Brille verloren“, antwortet der und da der Passant ein freundlicher Mensch ist, hilft er ihm bei der Suche. Nach einiger Zeit erfolglosen Suchens fragt der hilfsbereite Passant den Mann, wo er die Brille denn verloren hätte. „Dort drüben“, erwidert der Mann und zeigt auf eine rund 20 Meter weiter entfernte Stelle im Dunkeln. „Aber warum suchen wir denn hier?“ fragt der Passant verdutzt. Der Mann daraufhin: „Dort drüben ist es doch viel zu dunkel!“ Als die Verhandlungen zur EU-Datenschutzgrundverordnung im Jahr 2013 vollends ins Stocken gerieten, passierte so etwas wie ein Wunder. Zu dieser Zeit waren viele Akteure unterschiedlicher europäischer Länder nicht sonderlich überzeugt von dem Reformentwurf. Der Berichterstatter und maßgebliche … Weiterlesen

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Kabel, Protokolle, Plattformen und Tribes – Vier Strukturen des Internets

/**** Für die Architekturzeitschrift [ark] 2-2017 habe ich einen Text über Strukturen des Internets geschrieben. ****/ Das Internet ist vielschichtig und lange nicht nur das offenkundige World Wide Web, mit dem fast jeder täglich zu tun hat. Es gibt Millionen und Abermillionen Prozesse, die im Hintergrund ablaufen, und ständig bilden sich neue, oftmals ungeplante Strukturen, die zum Teil in erheblichem Maße unseren Alltag bestimmen und lenken. Michael Seemann gibt Einblick in eine Welt jenseits unserer Vorstellungskraft, von der wir so wenig wissen, obwohl ein Leben ohne sie unvorstellbar scheint. Ich klicke auf einen Link. Ein Bit wird zusammen mit einigen anderen vom Arbeitsspeicher meines Computers rüber in die Netzwerkkarte kopiert, wo es in ein Funksignal umgewandelt wird. In Lichtgeschwindigkeit hat es den WLAN-Router in der Abstellkammer erreicht, der es sodann durch das dicke Netzwerkkabel an das DSL-Modem weiterschickt. Dort wird das Bit in eine elektrische Frequenz verwandelt, einen Puls, der durch das Kupferkabel meiner Telefonleitung das Haus verlässt. Die vielen Leitungen aus den vielen Wohnungen aus den vielen Häusern aus dem Block versammeln sich schließlich im DSLAM, einem dieser hellgrauen, schulterhohen Hartplastikboxen, die so unscheinbar an der Straße stehen. Alle Daten aus den Häusern, aus den Wohnungen und den Routern … Weiterlesen

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Digitaler Tribalismus und Fake News

Text: Michael Seemann / Datenauswertung: Michael Kreil (DataScience&Stories des Tagesspiegels) [Dokument als PDF laden.] [English Version] Einleitung Das Internet war für mich immer der Traum der Freiheit. Damit meine ich nicht nur die Freiheit der Kommunikation und der Information, sondern auch die Hoffnung auf eine neue Freiheit der sozialen Beziehungen. Soziale Beziehungen sind, trotz aller sozialer Mobilität der modernen Gesellschaft, auch heute noch etwas sehr Unfreies. Vom Kindergarten über die Schule, den Verein bis zum Unternehmen durchlaufen wir ständig Organisationsformen, die uns fremdbestimmt gruppieren, sortieren und somit entindividualisieren. Von der Hasen- und Igel-Gruppe bis zur Staatsbürgerschaft ist die Gesellschaft als Gruppenspiel organisiert und unsere Mitspieler dürfen wir uns nur selten aussuchen. Und dann heißt es: „Finde dich ein, ordne dich unter, sei ein Teil von uns.“ Das Internet erschien mir als Ausweg. Wenn sich jeder Mensch mit jedem anderen Menschen direkt in Beziehung setzen kann – so mein naiv-utopische Gedanke – dann braucht es keine vergemeinschaftenden Strukturen mehr. Auf einmal können Individuen sich auf Augenhöhe begegnen und sich selbst organisieren. Gemeinschaften entstünden auf einmal als Resultat individueller Beziehungen, statt umgekehrt. Im Idealfall gäbe es überhaupt keine Strukturen mehr, die über die individuell-selbstbestimmten Beziehungsnetzwerke jedes Einzelnen hinausgingen.1 Spätestens die Wahl Donald … Weiterlesen

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Societies of Post-Control (Talk)

This was my opening keynote at the conference „Societies of Post-Control“ in January 2017 in Amsterdam.

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Das Regime der demokratischen Wahrheit IV – It’s the Culture, Stupid

Zurück zum Regime der demokratischen Wahrheit und der Frage: wie kann jemand, der offensichtlich lügt, einfach so damit davonkommen (Teil I)? Wir haben festgestellt, dass die neue Pluralität der Medien vielleicht auch ihre Schattenseiten hat (Teil II) und dass Trump schon während des Wahlkampfes eine gewisse Antifragilität (Teil III) gegen alle möglichen Skandale entwickelt hat und begonnen, diese Antifragilität zu analysieren. Es ist diese Antifragilität, die nicht nur ihn, sondern auch seine Lügen schützt. Es scheint fast so, als würden die Menschen gar nicht merken, dass er lügt, als ob die Fakten viele Leute überhaupt nicht mehr erreichen. Trump-Anhänger/innen scheinen immun zu sein gegen Fakten, immun gegen die Wahrheit. Wir wollen an dieser Stelle aber alle Thesen verwerfen, die mit dem Bildungsgrad oder der Intelligenz der Trump-Supporter/innen argumentieren. Diese Immunität ist keine natürliche, sie ist eine hergestellte. Eine populäre Erklärung dieser Immunität ist die vielzitierte Filterblase. Eli Pariser hat 2011 die Welt davor gewarnt, dass unser Social Media-Konsum dazu führt, dass wir die Welt nur noch personalisiert wahrnehmen. Filter, die vor allem aus unseren Freunden und Followings bei Facebook und Twitter bestehen, aber auch aus den Algorithmen der Plattformen, selektieren unsere Nachrichten vor und vermitteln uns so ein verzerrtes oder … Weiterlesen

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Das Regime der demokratischen Wahrheit (Teil III) – Antifragilität und euphorische Ironisierung

Wir haben im ersten Teil eine neue Art der politischen Lüge identifiziert und sie “demokratische Wahrheit” genannt. Im zweiten Teil haben wir sie genauer definiert und festgestellt, dass die durch das Internet veränderte Medienlandschaft der ideale Nährboden der demokratischen Wahrheit ist. Doch wie wirkt der Mechanismus der demokratischen Wahrheit nun genau und wie organisiert er seine Öffentlichkeit? In diesem Teil wollen wir versuchen, Trumps Strategie seiner Unangreifbarkeit freizulegen.1 Als Mitt Romney 2012 in einer kleinen Wahlkampfveranstaltung sagte, dass er sich in seiner Präsidentschaft nicht um die 47 % Transferempfänger kümmern wolle, war ihm nicht klar, dass jemand den Ton mitgeschnitten hatte. Als die Aufnahme veröffentlicht wurde, stürzten sich die Medien darauf, der Skandal nahm seinen Lauf. Romneys Kampagne war ruiniert. So läuft das in den USA. Das Mediensystem ist unerbittlich, man darf sich keine Fehler erlauben, die Medien zerstören einen sofort. Donald Trump wurde zerstört. Jede Woche mindestens einmal, den gesamten Wahlkampf über. Und durchaus zu recht, denn die Skandale sprudelten fast täglich in die Medien. Ein Skandal in der Größe von Mitt Romneys Ausrutscher hätte es bei Trump wahrscheinlich nicht mal in das Ressort Vermischtes geschafft. All die dunklen Machenschaften die auftauchten, seine Angriffe auf Richter, republikanische Ikonen, Kriegshelden … Weiterlesen

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Das Regime der demokratischen Wahrheit (Teil II) – Die Deregulierung des Wahrheitsmarktes

Im ersten Teil dieser Reihe haben wir uns mit den spezifischen Lügen der Trump-Regierung beschäftigt und sie gegen die herkömmliche politische Lüge einerseits und die machtvolle, diktierte Wahrheit in autokratischen Systemen andererseits abgegrenzt. Und wir haben uns entschlossen, die spezifische Weise des Lügens der Trump-Regierung “demokratische Wahrheit” zu nennen. Es wird Zeit, diesen Begriff etwas genauer zu fassen. “Demokratie” war schon immer ein umstrittener Begriff – ein politischer Kampfbegriff – aber dabei immer positiv konnotiert. Jeder will Demokrat sein. Selbst die autoritärsten Systeme nannten sich mit Freude Demokratie. In seiner banalsten Deutung übersetzt man Demokratie schlicht mit Volksherrschaft und insofern man als Herrscher plausibel machen kann, dass das Volk schon auf der eigenen Seite ist, fällt es nicht schwer die Grenze zwischen Autokratie und Demokratie zu verwischen. Wir verwenden also den Begriff in „demokratische Wahrheit“ nicht ohne einen augenzwinkernden Verweis auf diese Begriffsgeschichte. Aber wesentlicher noch ist, dass Trumps Wahrheitsverständnis tatsächlich die Funktionsweise von Demokratie zugrunde zu liegen scheint. Als Donald Trump von Bill O’Reilly auf Fox News gefragt wurde, warum er – ohne irgendwelche Hinweise darauf zu haben – an der These festhalte, dass es zu Wahlbetrug zugunsten Hillary Clintons gekommen sei, weist er darauf hin, dass es doch … Weiterlesen

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Das Regime der demokratischen Wahrheit (Teil I) – Comical Spicer

Als 2003 die amerikanischen Panzer bereits in Bagdad einrollten, hielt der irakische Informationsminister Muhammad Saeed al-Sahhaf nur wenige hundert Meter davon entfernt eine Pressekonferenz, in der er genau diese Tatsache bestritt. Die Amerikaner, davon zeigte er sich überzeugt, seien kurz vor der Kapitulation. Ein paar Tage zuvor erzählte er, dass die amerikanischen Soldaten zu hunderten Selbstmord begingen, sich also vor allem selbst abschlachteten – kein Grund zur Sorge für die irakische Regierung also. Diese und andere aggressive Leugnungen der offensichtlichen Realität brachte ihm schließlich den Spitznamen „Comical Ali“ ein. So absurde Propaganda konnte im Westen nur noch als Entertainment verstanden werden, nicht mehr als ernstzunehmender Versuch der Lüge. Comical Ali hat seitdem seinen Job bei Saddam Hussein aufgegeben, sich einen amerikanischen Haarschnitt wachsen lassen und seinen Namen in Sean Spicer geändert. Das jedenfalls könnte man glauben, wenn man derzeit die Nachrichten aus den USA verfolgt. Doch halt. Da war ja noch was? War nicht der ganze Irakkrieg selbst aufgrund dreister Lügen zustande gekommen? War die Bush-Regierung auch nur im Ansatz aufrichtiger? Was ist so komisch and Comical Ali, was soll schon anders sein an Sean Spicer als an Ari Fleischer, dem damaligen Pressesprecher von George W. Bush? Was soll das … Weiterlesen

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Drei Missverständnisse bei der Debatte um Big Data im Wahlkampf

Vor allem nach der Trumpwahl wurde wieder viel über Big Data gesprochen und was die Auswirkungen auf den politischen Prozess sein kann. Und ich muss sagen, dass mich der Diskurs darum wahnsinnig nervt – nicht weil ich ihn für unwichtig halte – sondern weil er so falsch geführt wird. Das betrifft sogar Formate und Personen, die ich eigentlich sehr schätze. Der Anlass dieses Artikels ist deswegen die aktuelle Folge der „Lage der Nation„. Ulf und Philip sind aber nicht die einzigen, die die Denkfehler bezüglich Big Data machen, es ist aber so, dass ich mich immer dann besonders ärgere, wenn intelligente Menschen falsche Dinge sagen. Deswegen hier drei Denkfehler (sicher nicht die einzigen), die regelmäßig auftauchen, wenn es um Fragen von Big Data geht. 1) Es geht nicht um Vorhersage individueller Handlungen oder Eigenschaften Was man immer wieder hört, ist ein Satz wie: „… und anhand dieser Daten können die dann bestimmen, dass du Eigenschaft X hast, oder dich so und so verhalten wirst.“ Das ist schlicht falsch. Big Data und andere statistische Verfahren können nicht anhand von sachfremden Daten dein tatsächliches Verhalten oder irgendwelche Eigenschaften herauslesen. Was sie tun können ist, Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen. Am konkreten Beispiel: Big Data … Weiterlesen

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Netzwerkmacht: Macht in Zeiten der Globalisierung

In meinem recht populären Artikel „Die Globale Klasse“ attestiere ich ebendieser eine bestimmte Form von Macht. Es ist die Macht, Standards zu setzen und die Macht, die Moral zu definieren. An dieser Analyse haben sich einige gestoßen. Gerade, weil ich die globale Klasse so breit definiere – eben nicht einfach als „die Eliten“ – scheint die Macht, die sie haben, doch recht beschränkt. Mittellose Berlinhipster wie ich – so der Vorwurf – würden sich in dieser Analyse nur selbst überhöhen. Was für eine Macht soll das überhaupt sein? Und warum sind andere davon ausgeschlossen? Das sind alles berechtigte Fragen, denen ich mich in diesem Text stellen will. Macht ist ein komplexes Thema zu dem sehr viel kluge Dinge gesagt wurden, die ich hier nicht wiederholen will. Aber zur Sicherheit sei erwähnt, dass ich durchaus mit Max Weber, Foucault und Gramsci vertraut bin, behaupte aber, dass all diese Stimmen der Form der Macht der globalen Klasse nicht gerecht werden. Aber David Singh Grewal wird es.1 Er hat meines Erachtens die theoretische Grundlage zur Erklärung von Macht in Zeiten der Globalisierung und des Internets geliefert und es ist ein Unding, dass er noch nicht in allen Seminaren auf dem Lehrplan steht. Network … Weiterlesen

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