Monatsarchive: Februar 2017
Das Regime der demokratischen Wahrheit (Teil II) – Die Deregulierung des Wahrheitsmarktes
Im ersten Teil dieser Reihe haben wir uns mit den spezifischen Lügen der Trump-Regierung beschäftigt und sie gegen die herkömmliche politische Lüge einerseits und die machtvolle, diktierte Wahrheit in autokratischen Systemen andererseits abgegrenzt. Und wir haben uns entschlossen, die spezifische Weise des Lügens der Trump-Regierung “demokratische Wahrheit” zu nennen. Es wird Zeit, diesen Begriff etwas genauer zu fassen. “Demokratie” war schon immer ein umstrittener Begriff – ein politischer Kampfbegriff – aber dabei immer positiv konnotiert. Jeder will Demokrat sein. Selbst die autoritärsten Systeme nannten sich mit Freude Demokratie. In seiner banalsten Deutung übersetzt man Demokratie schlicht mit Volksherrschaft und insofern man als Herrscher plausibel machen kann, dass das Volk schon auf der eigenen Seite ist, fällt es nicht schwer die Grenze zwischen Autokratie und Demokratie zu verwischen. Wir verwenden also den Begriff in „demokratische Wahrheit“ nicht ohne einen augenzwinkernden Verweis auf diese Begriffsgeschichte. Aber wesentlicher noch ist, dass Trumps Wahrheitsverständnis tatsächlich die Funktionsweise von Demokratie zugrunde zu liegen scheint. Als Donald Trump von Bill O’Reilly auf Fox News gefragt wurde, warum er – ohne irgendwelche Hinweise darauf zu haben – an der These festhalte, dass es zu Wahlbetrug zugunsten Hillary Clintons gekommen sei, weist er darauf hin, dass es doch … Weiterlesen
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Das Regime der demokratischen Wahrheit (Teil I) – Comical Spicer
Als 2003 die amerikanischen Panzer bereits in Bagdad einrollten, hielt der irakische Informationsminister Muhammad Saeed al-Sahhaf nur wenige hundert Meter davon entfernt eine Pressekonferenz, in der er genau diese Tatsache bestritt. Die Amerikaner, davon zeigte er sich überzeugt, seien kurz vor der Kapitulation. Ein paar Tage zuvor erzählte er, dass die amerikanischen Soldaten zu hunderten Selbstmord begingen, sich also vor allem selbst abschlachteten – kein Grund zur Sorge für die irakische Regierung also. Diese und andere aggressive Leugnungen der offensichtlichen Realität brachte ihm schließlich den Spitznamen „Comical Ali“ ein. So absurde Propaganda konnte im Westen nur noch als Entertainment verstanden werden, nicht mehr als ernstzunehmender Versuch der Lüge. Comical Ali hat seitdem seinen Job bei Saddam Hussein aufgegeben, sich einen amerikanischen Haarschnitt wachsen lassen und seinen Namen in Sean Spicer geändert. Das jedenfalls könnte man glauben, wenn man derzeit die Nachrichten aus den USA verfolgt. Doch halt. Da war ja noch was? War nicht der ganze Irakkrieg selbst aufgrund dreister Lügen zustande gekommen? War die Bush-Regierung auch nur im Ansatz aufrichtiger? Was ist so komisch and Comical Ali, was soll schon anders sein an Sean Spicer als an Ari Fleischer, dem damaligen Pressesprecher von George W. Bush? Was soll das … Weiterlesen