Monatsarchive: August 2011
Query-Identität und Distributed Reality
Facebook ist die große Identitätsmaschine. Es ist so groß und wichtig und seine Datensätze durch seine schon immer geltende Realname-Policy auch so zuverlässig zurechenbar, dass in manchen Ländern bereits behördliche Benachrichtigungen per Facebook zugestellt werden. Darüber hinaus hat sich Facebook mit Facebook-Connect als der große Identitätsprovider etabliert. In vielen Diensten braucht man sich nicht mehr separat anmelden, sondern kann sich bequem per Facebook einloggen. Alles fließt auf Facebook zusammen und bildet die eine große Facebookindentität. Alle Kommunikationen, die es bislang alleine durch ihre räumliche Trennung ermöglichten, im Alltag unterschiedliche Rollen einzunehmen, landen im zentralen Identitätsstream. Der Tratsch auf der Arbeit trifft auf die intime Kommunikation mit den Freunden und das angestrengte „jaaa, Mama“ mit den Eltern. Antje Schrupp fragte sich vor einiger Zeit, ob das nicht das Ende der Heuchelei bedeute und haut damit in die selbe Kerbe wie Mark Zuckerberg höchst persönlich, der einmal spekulierte, dass mehr als eine Identität zu haben, früher oder später als ein Mangel an Integrität aufgefasst werden wird.
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Breivik, Queryology und der Weltkontrollverlust
Ich muss gestehen, dass mir der Artikel von Sascha Lobo und seine Ergänzungen auf dem Blog ziemlich zugesetzt haben. Die Filterbubble als Tatwerkzeug, die Query als Mordinstrument. Naja, zumindest als Radikalisierungskanal, Selbstbescheuklappung, informationioneller Meinungstresor. Das ist alles nicht hilfreich für die Queryology. Diese Auseinandersetzung hier ist deswegen nicht leicht für mich, aber notwendig. Die Queryology besagt, dass wir durch die technischen Systeme des Internets zum Autor unserer Welterfahrung werden. Dass wir nach und nach immer bessere Tools vorfinden, uns das Wissen, das auf der Welt generiert wird, nur noch in vorkonfigurierter Weise an uns heranzulassen. Dass wir deswegen alle ein Recht einfordern werden, dass man mit etwas Ironie die „neue Informationelle Selbstbestimmung“ nennen könnte: nämlich die Filtersouveränität. Doch was passiert eigentlich mit dem, was wir bislang „Gesellschaft“ nannten, wenn jeglicher kollektivistischer Blick – auch den, den wir „Mainstream“ nannten, aufgelöst wird? Eli Pariser hat dieses Phänomen – viel später – als die Filterbubble holzschnittartig und undifferenziert kritisiert. Aber vielleicht hat er ja auch einen Punkt. Einen schlimmeren vielleicht, als er selbst ahnte.
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